Freitag, 27. Juli 2012

Schlecht gewappnet: Das ist Feudalherrschaft des Landkreises...

(Kommentar) ... möchte man nach der Lektüre eines Berichts des Reutlinger Generalanzeigers meinen, in dem es um das Obereigentum am Wappen geht, mit dem sich seit 1980 der Landkreis Reutlingen schmückt. Mit einer Geldbuße bedrohte der Landkreis Reutlingen vor einem Jahr Frank Christoph Schnitzler, weil sich dessen Verein ebenfalls mit diesem Wappen auszeichnet. Da dieses sich aber auf den Grafen zu Achalm zurückführen lässt, ist es urheberrechtsfrei, meint Schnitzler und protestierte mächtig. Nun erklärt die Kreisverwaltung, dass sie die Nutzung durch Schnitzlers Verein dulde, weil dieser ja keine kommerziellen Interessen verfolge. Das hört sich sehr tolerant an, ist aber eigentlich eine reine Verhöhnung. Dahinter steckt ein unglaublicher Zynismus und eine Anmaßung, die man früher den Feudalherren wohl zugetraut hat, aber nicht einer demokratisch eingebetteten Institution.
Nichts fürchtet die Kreisverwaltung offensichtlich mehr als eine gerichtliche Auseinandersetzung. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Schnitzler im Recht ist, ist ziemlich hoch. Und dann könnte es peinlich werden, nicht nur für die Kreisverwaltung, sondern auch für das Regierungspräsidium. Denn die hohen Herren in Tübingen hätten den hohen Herren in Reutlingen etwas exklusiv verliehen, was ihnen gar nicht gehörte, sondern längst Allgemeingut war. Offensichtlich sind sich dessen Kreis und Regierungspräsidium sehr bewusst. Durch die angebliche Duldung versucht nun die Kreisverwaltung, ein publizistisches Obereigentum aufzubauen. Und sie kommt sich dabei wahrscheinlich auch noch ungemein clever vor. Wenn nämlich Schnitzler diese "Duldung" akzeptiert, hat er unterschwellig damit zugegeben, dass die Kreisverwaltung tatsächlich die Rechte besitzt. Als wahrer Ritter, der sich auch noch Frank und Frey zu Reutlingen nennt, muss er sich eigentlich gegen dieses Schreiben verwahren.
Die Kreisverwaltung sollte wirklich beweisen müssen, ob sie diese Rechte besitzt. Niemand bezweifelt, dass sie das Wappen benutzen darf. Was kritisch ist, ist der Alleinanspruch. Den kann sie - bei aller Achtung vor unseren Institutionen und deren hoheitlichen Charakter - nicht dadurch erheben, dass sie sich für dieses Wappen entschieden hat. Urheberrechtlich korrekt und über alle Zweifel erhaben wäre nur eins: Der Kreis muss sich ein neues Wappen geben.
Raimund Vollmer

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